Das Sprechen über sexualisierte Gewalt ist von Mythen und Tabus durchzogen. Im Fall von Männern* besteht zudem das kulturelle Paradox „Entweder ist jemand ein Opfer oder ist ein Mann” (Lenz). Doch die statistischen Zahlen zeigen, 1/3 der von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend Betroffenen sind männlich*. Geschlechtlich geprägte Verletzlichkeiten sowie das Ausnutzen de männlichen Geschlechts als Täterstrategien führen zu Herausforderungen in der Bewältigung der eigenen Betroffenheit. Für jungen* und Männer* braucht es eine flächendeckende Hilfe- und Versorgungslandschaft.
Die Fachberatungsstelle faX Kassel ist seit 2023 für die Beratung von betroffenen Männern* für ganz Nordhessen finanziert. Wir möchten die Fachpersonen zu dieser Thematik sensibilisieren, um die Versorgungslandschaft für betroffene Jungen* und Männer* auszubauen und zu stärken. Deshalb laden wir ein: Zum Fachtag am 27.09.24, um uns gemeinsam mit verschiedenen Facetten der Arbeit mit betroffenen Jungen* und Männern* auseinanderzusetzen. Wir freuen uns, dass renommierte Fachpersonen der Praxis und Wissenschaft, sowie selbst Betroffene als Erfahrungsexpert*innen aus ganz Deutschland den Fachtag mit uns gestalten.
VORTRÄGE
Hans-Joachim Lenz: „Warum werden – nach 50 Jahren Auseinandersetzung um die Geschlechterverhältnisse und die Opfer von Gewalt – die männlichen Betroffenen kaum wahrgenommen?“- Sozialwissenschaftler, Pionier und Dozent zum Thema „Gewalt gegen Männer“
Max Mehrick: „Jenseits der Tabus: Sichtbare und unsichtbare Lasten männlicher Überlebender sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend“ – Betroffener im institutionellen Kontext, seit 2010 beteiligt in verschiedenen Beteiligungsformaten und innerhalb der Aufarbeitung
ABLAUF
9:00 Ankommen
9:30 Eröffnung und Begrüßung durch Nicole Maisch (Stadt Kassel) und Silke Engler (Landkreis Kassel)
10:00 Vorträge von Hans-Joachim Lenz und Max Mehrick
11:00 Pause
11:30 1. Workshop
13:00 Mittagspause
14:30 2. Workshop
16:00 Pause
16:15 Gallery Walk
WORKSHOPS
Grundlagen der Arbeit mit traumatisierten Jungen* und die praktischen Anforderungen an das Hilfesystem am Beispiel der ambulanten Einzelfallhilfen
Carsten Wittorf -HILFE-FÜR-JUNGS e.V. Erziehungswissenschaftler, Traumazentrierter Fachberater (DeGPT und BAG-PT), Leitung ambulante Hilfen
Seit vielen Jahren arbeiten wir als Einzelfall- und Familienhelfer*innen intensiv und teilweise jahrelang mit Jungen* im Kontext sexualisierter Gewalt. Dieser Workshop möchte die Grundlagen unserer Arbeit kurz erläutern, aus den täglichen Anforderungen berichten und kritisch das derzeitige Hilfesystem hinterfragen. Es wird eingeladen zur kritischen Auseinandersetzung mit einem konsequenten Ansatz der realen Partizipation und der konsequenten Jungen*orientierung.
Betroffene Jungen* unterstützen und begleiten
Volker Mörchen -Bremer JungenBüro e.V., Soziologe und (Gestalt-) Sozio-Therapeut
Jungen*, denen sexualisierte Gewalt durch Jugendliche oder Erwachsene aus ihrem sozialen Umfeld widerfährt, gehen damit sehr unterschiedlich um. Der Workshop gibt einen Überblick über individuelle Bedarfe von Betroffenen und zeigt Wege auf, wie wir Jungen* Brücken bauen können – damit noch mehr von ihnen den Mut finden, sich anzuvertrauen, und Unterstützungsangebote bekommen.
Ungleiche Seiten – Im Spannungsfeld zwischen Beratung für Betroffene und Täterarbeit
Jens Ihnen -Männerbüro Hannover Sozialpsychologe (M.A.), Politische Wissenschaft (M.A.), Systemischer Berater (DGSF), Trauma-fachberater (DeGPT), Fachkraft Täterarbeit Häusliche Gewalt (BAG TäHG)
Der Workshop befasst sich mit der Frage, welche An- und Herausforderungen sich für Institutionen und Personen stellen, die sowohl mit Betroffenen als auch mit Täter*innen arbeiten. Dabei sollen Erfahrungen ausgetauscht und gemeinsam zu Themen von Haltung bis räumliche Anforderungen reflektiert werden.
Was brauchen von sexualisierter Gewalt betroffene Männer* in der Beratung?
Martin Helmer – Dipl.-Pädagoge, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Gestalttherapeut (DVG), bis Sommer 2024 bei Zartbitter Münster.
Die Beratung von Männern*, die in der Kindheit und/oder Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, beinhaltet geschlechtsunspezifische Elemente wie Psychoedukation und Ressourcenarbeit. Gleichwohl ist sie von männer*-spezifische Dynamiken geprägt. Der Workshop gibt einen Einblick in die Herausforderungen und zeigt professionelle Haltungen in der Arbeit mit betroffenen Männern* auf.
„Wir waren schon immer da“ – Queere Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Männer* und Jungen* Beratung
Dénes Vorberger – Kollektivist*a bei Tauwetter e.V., Betroffene*r, Berate*r, Türstehe*r
Judith Neubauer – Kollektivistin bei Tauwetter e.V., Betroffene, Aktivistin, Bloggerin
Die Sensibilität und Offenheit gegenüber verschiedenen Geschlechtern und sexuellen Identitäten in Beratungsstellen für betroffene Personen hat sich in den letzten Jahren erfreulicherweise erweitert. Doch während immer mehr Beratungsstellen für betroffene Frauen* auch betroffene Männer* und Jungen* unterstützen, stellt sich die Frage: Was ist mit queeren Betroffenen?
Daraus ergeben sich eine Vielzahl an Fragen, denen wir uns in dem Workshop widmen möchten. Wer wird angesprochen, wenn wir über „queer“ sprechen? Welche spezifischen Herausforderungen und Themen bringt diese Zielgruppe(n) im Kontext sexualisierter Gewalt mit? Und vor allem, was bedeutet das für unsere ganz konkrete Beratungspraxis.
Wir laden herzlich ein, in diesem Workshop gemeinsam über Stolpersteine, Bewältigungs-strategien und Lösungsansätze im Umgang mit dem Thema queere Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Männer* und Jungen* Beratung zu diskutieren.
Die Anmeldung erfolgt unter folgendem Link: https://eveeno.com/Fachtag_faX_2024
Die Einwahl in die Workshops erfolgt über ein eigenes Verfahren Anfang September. Informationen hierzu erhalten Sie nach der Anmeldung per Mail.
Bei Fragen melden Sie sich gerne unter info@fax-kassel.de
Veranstaltungsort
conference&ART – tagungszentrum südflügel
Franz-Ulrich-Straße 6
34117 Kassel
