Der Kooperationsarbeitskreis gegen sexuelle Gewalt (GESA) feierte am 30.11.2022, 30-jähriges Bestehen mit einem Fachtag zur Thematik „Was schützt vor sexualisierter Gewalt?“. Wir freuen uns, dass gemeinsam mit GESA, trotz der krankheitsbedingten Absage von Frau Dr. Kavemann, ein so spannender und informativer Tag gestaltet werden konnte.
Mit wenig Vorlauf eingesprungen für den Vortrag an diesem Tag ist glücklicher weise Dr. Bernd Hermann, der in seinem Vortrag den etwa 90 Teilnehmenden einen Einblick in die historische Entwicklung des Themas Kinderschutz in der Medizin nahebrachte. Mit der wichtigen Erinnerung, dass es sich hierbei um ein relativ junges und keineswegs strukturell etabliertes und grundlegend finanziertes Feld in unserem Gesundheitssystem handelt. Dieses hängt an engagierten Einzelpersonen in den Kliniken, welche sich diesem komplexen Thema, unter zusätzlichem bestehendem Arbeitsaufwand, ohne spezifische Stunden und nur eingeschränkte Optionen zur Abrechnung, annehmen. Die exzeptionelle Pionierarbeit, die Dr. Bernd Hermann in diesem Feld geleistet hat, wurde im letzten Jahr mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt, zudem der Arbeitskreis GESA und die Stadt Kassel, vertreten durch Nicole Maisch, ihm zu dieser Gelegenheit gratulierten.
Gemeinsam mit Dr. Bernd Hermann, berichteten uns Evelyn Heyer und Detlef Schulze, als Mitbegründer:innen, aus der ersten Zeit des Arbeitskreises. Es wurde referiert über die wichtige Rolle des fachlichen und multiprofessionellen Austausches, in einer Zeit, in der sexualisierte Gewalt ein Randthema war, um dessen Anerkennung und Wichtigkeit gekämpft werden musste. Dabei spielte der Arbeitskreis auch eine wichtige Rolle im Austausch der verschiedenen mit Fällen betrauten Professionen und Institutionen, wie der Polizei und Staatsanwaltschaft, dem Jugendamt und der Jugendhilfe, der Beratung und Therapie.
Aus einer ganz anderen Richtung widmete sich Morgaine Prinz dem Thema. In ihrem bewegenden und kraftvollen Slam Poetry Beitrag, hat sie uns die Erfahrungen, die Ungerechtigkeit und die Isolation von Gewaltbetroffenen Kindern, nahbar und emotional spürbar gemacht.
Als Abschluss der Fachreden wurde eine Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen verschiedener Fachbereiche initiiert, mit unteranderem der Beratungsstelle LiebigNeun, dem Verein Raphael e.V. und der Stabstelle Prävention Nordkirche. Mit der Erkenntnis, dass durch die Sensibilisierung und geschaffenen Angebote der letzten Jahre und Jahrzehnte, dass Dunkelfeld erhellt wurde, konnte in den zweiten Teil des Fachtages übergeleitet werden. So mag es manchen so vorkommen, dass es mehr Fälle geben würde, doch klar wird, dass vor allem Fälle die lange nicht gesehen wurden besprechbar werden.
Nach der Möglichkeit des Austauschs und Kontakte zu knüpfen, sowie dem besuchen einiger Stände der GESA-Mitgliedsorganisationen während der Mittagspause, startete die Workshopphase des Tages. Es folgten 5 hochspannende und themenspezifische Workshops zu den Themen „Arbeit mit übergriffigen Kindern und Jugendlichen“ (Dr. Ingrid Kaiser – LiebigNeun), „Theater als Medium der Prävention“ (Anna Pallas, Rolf Härter – Theater Pädagogische Werkstatt), „Schutzkonzepte in Institutionen“ (Rainer Kluck – Stabstelle Prävention Nordkirche), „Verdacht auf sexualisierte Gewalt bei Säuglingen und Kleinkindern“ (Ulrike Giernalczyk – Verein Raphael e.V.) und „Männliche Betroffene“(Julius Wolf). In diesen Workshops kam es neben spannenden Vorträgen auch zu fachlichem Austausch durch die Teilnehmenden.
Der Fachtag wurde durch viele emotionale, aber auch fachliche Gespräche begleitet und es wurde eine Vernetzung verschiedenster Fachstellen und Akteur:innen im Themenfeld der Prävention von sexualisierter Gewalt möglich. Es hat sich gezeigt, dass Kassel an vielen Stellen bereit ist die Thematik sichtbar zu machen und Wege zu finden präventiv dagegen vorzugehen.